Quellen, Klöster, Kaiser und drei Hasen
Kirchenchor St. Cäcilia Neuhonrath unterwegs in Paderborn und Weserbergland
Es war einmal in Paderborn an einem Sonntagmorgen im Sommer des Jahrs 1017. Kaiser Heinrich II. und seine Gemahlin Kunigunde bereiten sich in der Pfalzkapelle St.Bartholomäus auf den Gottesdienst vor. Aus dem Dom dringen vielstimmig die gregorianischen Gesänge der Mönche in die Kapelle. Das Kaiserpaar und das adelige Gefolge schreiten sodann in einer kurzen Prozession durch die Morgensonne hinüber in die Kathedrale zur heiligen Messe.
1000 Jahre später, an einem Sonntagmorgen im August, betreten etwa vierzig Sängerinnen und Sänger aus Neuhonrath die kaiserliche Pfalzkapelle. Notgedrungen, denn zum Proben ihrer Lieder im Dom wäre die Zeit zwischen den Gottesdiensten zu knapp. Das Ansingen muss nun ohne Orgel funktionieren. In diesem Moment denkt aber keiner an die alten Kaiser und Könige des Mittelalters, die sich stets hier einfanden, sondern alle konzentrieren sich auf die Lieder, die sie in einer Stunde im Dom erklingen lassen werden.
Zwei Tage zuvor brach der Chor begleitet von Ehepartnern und Freunden morgens in einem roten Doppeldeckerbus auf zur Chorfahrt nach Paderborn. Nach einer entspannten Fahrt erreichen sie Paderborn und das Hotel ‚InVia‘. Das Organisationsteam hat alles vorzüglich geplant und so treffen sich alle nach dem Mittagessen zu einem Stadtrundgang. Auf dem Weg wird die Stadtgeschichte, dank der engagierten Stadtführerinnen, wieder lebendig. Funde des Hellweges, die große mittelalterliche Heer- und Handelsstraße, sowie profane und kirchliche Bauwerke bezeugen die lange Geschichte Paderborns, deren Gründung an der Quelle der Pader Karl dem Großen zu verdanken ist. Der romanisch-gotische Dom, geweiht auf St.Maria, St. Liborius und St. Kilian, ist der Höhepunkt der Führung. Das Doppelkreuz auf den Turmspitzen weist auf erzbischöfliche Kirche hin. Natürlich wird auch das bekannte Drei-Hasen-Fenster des Doms präsentiert: „Der Hasen und der Löffel drei, und doch hat jeder Hase zwei“. Nach der Führung steht der Rest des sonnigen Tages zur freien Verfügung. Viele Chorreisende treffen sich am Abend in einem der Gasthöfe an der Pader zu Bier, Wein, westfälischer Küche und langen, entspanntens Gesprächen.
„Der Bus springt nicht an!“ So beginnt der Samstagmorgen. Chor und Begleitung stehen im Hoteleingang parat für den Bus, der sie an die Weser bringen soll wo ein Ausflugsschiff auf sie wartet. Vermutlich sind die Batterien entladen. Ein LKW-Notdienst ist bereits unterwegs. Banges Warten. Werden wir das Schiff noch rechtzeitig erreichen? Nach einer halben Stunde kommt die erlösende Nachricht, dass der Bus wiederr flott ist und nun zum Einsteigen bereit steht.
Die Fahrt führt den Chor durch das schöne Weserbergland. In Bad Karlshafen geht es an Bord. Gemächlich fährt das Schiff durch herrliche Auen und vorbei an idyllischen Ortschaften und Campingplätzen. Paddler und Kanuten winken den Passagieren zu. Dann erreicht das Schiff sein Ziel Corvey bei Höxter. Ein kurzer Fußmarsch und Chor und Begleiter stehen vor dem Schloss und Kloster Corvey, die seit 2014 UNESCO Weltkulturerbe sind. Eine imposante Anlage deren Bau in das Mittelalter zurückreicht. Auf dem Vorplatz der alten Klosterkirche singt der Chor zur Freude der Mitreisenden und fremden Besucher, die begeistert Applaus spenden.
Zurück nach Paderborn geht es mit dem Bus, der zwischenzeitlich mit neuen Batterien ausgerüstet wurde.
Der traditionell „bunte Abend“ wird den Samstag abrunden. Ein Spaziergang durch die Stadt führt alle in den „Schützenhof“. Dort gibt es nach dem Abendessen ein selbstgemachtes Unterhaltungsprogramm. Die Jugend des Chores hat sich eine Quizrunde ausgedacht an der ausgewählte Kandidaten und die Anwesenden teilnehmen, um die teilweise kniffligen Fragen zu beantworten. Es singt natürlich auch der Chor. Chorbegleitung und Bedienung sind dankbare Zuhörer. Die Frauengruppe „De Schinghillije“ führt zu einem alten Gesang mit neuem Text und Mönchskutten die schräge Nummer „Der Abt ist fott“ auf. Sie besingen lustig und bildhaft wie es in einem Kloster zugeht, wenn das wachende Auge des Abtes mal nicht hinschauen kann. Am Ende sind alle Gelübde gebrochen.
Tenorsänger Manfred Zimmermann gibt eine Rede zum Besten, die von einem verstorbenen Erbonkel aus Amerika handelt und erzählt wie durch Missverständnisse seine Asche statt in heimatliche Erde in den Mägen der Verwandten beigesetzt wird. Manfred Zimmermann wird mit Lachen und Applaus belohnt trotz – oder wegen – der makabren Komik.
Am Sonntagmorgen begibt sich der Chor nach der Probe in der Pfalzkapelle in den Dom. Eine halbe Stunde vor Messe werden die Plätze eingenommen. Prof. Ganz, der den Chor als Organist begleitet nimmt an der Orgel Platz. Die Orgelbedienung ähnelt eher einem Cockpit. Ein Stück Hightech, wo sich analoge und digitale Welt vereinigen.
Ein kurzes Ansingen der Stücke und dann ist es bald so weit. Der Gottesdienst beginnt, und als Co-Zelebrant ist Pfarrer Markus Feggeler zur Freude des Chores dabei, der am Morgen aus Lohmar extra angereist ist. Stephan Kümmeler, und der Chor begleiten den Gottesdienst mit einer Messe von Colin Mawby. Nach der Kommunion erklingt „Hör mein Bitten“ von Felix Mendelsohn-Bartholdy. Die Soloteile singt die Sopranistin Susanne Siller-Kümmeler, die Ehefrau von Stephan Kümmeler, in wunderbar klaren Tönen. Vielen Messbesuchern ging eine Gänsehaut über den Körper. Nach der Messe heißt es dann „ab in den Bus“, denn es geht nun Richtung Rheinland. Allerdings mit zweistündigem Zwischenstopp in Brilon wo ein Stadtfest gefeiert wird und der Chor sich vergnügen kann.
Abends in Neuhonrath angekommen beenden viele der Ausflügler die gelungene Chorfahrt bei Lieselotte in der Gaststätte „zur Baach“ mit heimischen Kölsch.
An dieser Stelle sei einigen Leuten großer Dank gebührt, die aktiv am Gelingen der Fahrt beteiligt waren. Vorneweg das Organisationsteam Gille Stubenrauch, Ursula Sauerwald und Michael Panthen, die seit Monaten geplant, angerufen, bestellt und reserviert haben. Die musikalischen Gestalter Stephan Kümmeler, Prof. Ganz und Susanne Siller-Kümmeler, denen der Chor den erfolgreichen Auftritt im Paderborener Dom zu verdanken hat. Und dann auch den jugendlichen Chormitgliedern, die mitgefahren sind, mitgesungen haben und aktiv den bunten Abend gestalteten. Sie fielen besonders positiv auf, da viele Leute das heutzutage nicht erwarten, dass junge Menschen in einem Kirchenchor mitsingen. Nicht zu vergessen der Busfahrer Peter, der trotz technischer Widrigkeiten immer seine gute Laune behielt und den Bedürfnissen der Reisenden entgegen kam wo immer es möglich war. Vieleicht weil er auch Chorsänger ist!
Nach der Messe, die Mönchsgesänge noch in den Ohren, ritten eine Ritterschar mit Kaiser Heinrich und Kunigunde auf Pferderücken schaukelnd zur nächsten Pfalz. Vielleicht sehnten sie sich nach bequemeren Reisemittel und schönen sauberen Straßen. Aber das sollte noch fast 1000 Jahre dauern.
Kontakt über: www.kirchenchor-neuhonrath.de
Proben: jeden Mittwoch 20:00 Uhr in der alten Schule an der kath. Kirche in Neuhonrath